Ein Kind unter der Militärdiktatur

Das Leid der Kinder, das die Erwachsenen nicht sehen. Nicht in Friedenszeiten, wenn Familienkrieg herrscht, und in Kriegszeiten genauso wenig. Da bekommen die Kinder auf der einen Seite zu hören, sie seien noch zu klein, um „die Dinge“ verstehen zu können, auf der anderen wird von ihnen verlangt, sich wie Erwachsene zu verhalten.

Laura ist sieben, als sie mit ihrer Mutter in den Untergrund gehen muss. Die Eltern kämpfen gegen die argentinische Militärherrschaft, der Vater sitzt im Gefängnis. Laura versteht sehr gut, warum sie und ihre Mutter in einem Versteck leben müssen. Sie versteht sehr gut, obwohl die Erwachsenen so wenig erklären, weil sie noch zu klein sei. Verhaltensmaßregeln bekommt sie eingetrichtert und Laura versucht, alles zu befolgen. Es wird auch von ihr verlangt, daß sie alles befolgt, sonst würde sie andere in Gefahr bringen. Und doch macht sie Fehler, dann wird sie angeschrien, ob sie denn nicht wüsste, wie gefährlich das sei, was sie getan habe. Laura sieht ein, daß sie einen schlimmen Fehler gemacht hat, sie will sich ja wie eine Erwachsene benehmen, sie will ja alles richtig machen, sonst hat sie Schuld. Niemand sieht Lauras Leid. Niemand hat Nachsicht mit ihr, keiner spielt mit ihr oder nimmt sie in den Arm. Der Widerstandskampf zählt, das Kind läuft nebenher.

Die Autorin schreibt die Geschichte aus der Sicht des Kindes. Seine Überforderung und seine Angst sind beklemmend. Wie Laura ergeht es Millionen von Kindern, deren Seelen Opfer von Politik und Gewalt werden.

Laura Alcoba: Das Kaninchenhaus
Aus dem Französischen von Angelica Ammar
Insel Taschenbuch 2012, 122 S.
(Manège. Petite histoire argentine, Éditions Gallimard Paris 2007)

Laura Alcoba, geboren 1968 in La Plata, Argentinien, flüchtete 1978 mit ihrer Mutter nach Paris. Sie ist heute Schriftstellerin, Übersetzerin und Universitätsdozentin.

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