Der gelbe Stern

Gerhard Schoenberner war einer der Ersten nach dem Zweiten Weltkrieg, der sich öffentlich mit dem Holocaust auseinandergesetzt hat. Er bekam für sein Engagement mehrere Auszeichnungen, was eigentlich traurig ist, dafür ausgezeichnet zu werden, aber es wurde bekanntlich jahrelang versucht, das Thema unter den Teppich zu kehren, die Nazis saßen noch breit auf ihren Sesseln, die hatten sich nach dem Krieg ja nicht in Luft aufgelöst. Außerdem waren die Menschen damit beschäftigt, ihr Land und ihr Leben wieder aufzubauen und die Kriegsschrecken zu vergessen.

So schreibt Schoenberner in seinem Vorwort: „Erreichen uns diese Bilder eines düsteren Grauens noch in der Geschäftigkeit unserer eilig restaurierten Existenz?“

Inzwischen sind wir überschüttet mit Bildern des Elends, daß Stimmen laut wurden, es müsse mal damit Schluss sein. Erreichten die Bilder die Menschen damals nicht, weil es keine gab, so erreichen sie sie heute vielleicht innerlich nicht mehr.

Schoenberner: „Sind sie nicht fast schon wieder eine Lüge, wie sie uns heute vor Augen treten, auf Kunstdruckpapier und sauber gebunden, gefiltert aus der Wirklichkeit, aber ohne ihren Schmutz, ohne die Blutflecke und ohne die Schreie der Angst?“

Ich erinnere, wie meine Mutter mir das Buch damals reichte, stumm, mit einem bleichen, starren Gesicht.

Gerhard Schoenberner
Der gelbe Stern
Die Judenverfolgung in Europa 1933-1945